Der Breitbandausbau ist eine Mammutaufgabe und insbesondere außerhalb der Ballungszentren mit besonderen Herausforderungen versehen. Viele Haushalte warten hier ungeduldig auf den Anschluss an das Netz der Zukunft. Sowohl Planungsphasen als auch wirtschaftliche Themen sind hier mögliche Hindernisse.
Das Verlegen von Glasfasern ist nichts, was man soeben im Vorbeigehen erledigen könnte. Der Wunsch nach höheren Bandbreiten ist in der Bevölkerung jedoch existent und verständlich: Ein langsamer Internetanschluss verwehrt Möglichkeiten für Home-Office, schränkt die Realisierung moderner Smart-Home-Lösungen ein, verhindert das Ansiedeln neuer Betriebe oder zwingt stark digitalisierte Arbeitsplätze sogar zum Abwandern aus der Region. Die Bauarbeiten für eine Glasfaser-Infrastruktur selbst sind die offensichtliche Herausforderung bei dem Ausbau. Was allerdings dem Baustellenbeobachter entgeht: Die lange Zeit, die vergehen kann, bis überhaupt verlegt werden darf.
Die Deutsche Telekom forscht gemeinsam mit dem Fraunhofer IGD an einer Lösung, aufwendige Ortsbegehungen im Vorfeld der Trassenplanung überflüssig zu machen. Der Clou: Durch die Technologie Fibre3D verläuft die Planung künftig im virtuellen Raum. Das spart Anfahrtszeit und -kosten und verursacht darüber hinaus keinen Mehraufwand bei der Deutschen Telekom, da Fibre3D mit bereits entstandenen Bildaufnahmen arbeitet. Diese sind selbstverständlich anonymisiert, sodass Personen und Fahrzeuge nicht zu identifizieren sind. Sogenannte Mobile-Mapping-Fahrzeuge, ausgestattet mit Kameras und Laserscanner, nehmen die zur Glasfaserverlegung geplanten Straßenzüge in 2D und 3D auf, sodass sich der Planer – oder besser gesagt sein virtueller Avatar – frei in der Umgebung bewegen und umschauen kann.
Glasfaserausbau – in Zukunft einfacher
Als erster Schritt für ein neues Glasfasernetz muss die Planung des Netzdesigns erfolgen. Hierfür setzt die Deutsche Telekom auf einen neuartigen Produktionsprozess, der auf einem Technologiemix von Machine-Learning-Algorithmen, Open-Source GIS-Komponenten und skalierbarer Cloud-Infrastruktur basiert. Entstehen soll ein Netz von Glasfasertrassen und Netzverteilern am Straßenrand. Diese verteilen die Anschlüsse an die Haushalte des Viertels. Und auch wenn die grauen Schaltkästen ein eher unauffälliges Dasein an den Bürgersteigrändern fristen, ist die genaue Ermittlung eines geeigneten Standortes nicht ohne: Die Trassen müssen wirtschaftlichen und kommunalen Ansprüchen genügen. Jeder Straßenzug muss dabei sorgfältig unter die Lupe genommen werden, sodass keine unvorhergesehenen Ereignisse die Bauarbeiten blockieren und das Unterfangen unnötig in die Länge ziehen. Denn für die Erstverlegung der Glasfasern muss je nach Verlegetechnik die Straße aufgerissen oder aufgefräst werden, um Kunststoffröhrchen unter die Straßen zu bringen. Das erleichtert aber die künftige Wartung: Die Glasfaserkabel werden im Anschluss mit Luftdruck vom Netzteiler bis in die Häuser eingeblasen und dies über mehrere hundert Meter.
Doch zurück zum Netzverteiler: Bevor der Planer eintrifft, wird selbstverständlich ein geeigneter Standort für einen solchen Kasten auf einer 2D-Karte markiert. Im Zweidimensionalen gehen aber oft essenzielle Informationen wie Fenster oder Einfahrten verloren. Spätestens beim Aufstellen des Gehäuses kann auffallen, dass der geplante Standort nicht geeignet ist. Hier setzt Fibre3D an und nutzt visuelle Informationen, die theoretisch sowieso schon vorliegen – die Straßen sind bereits in 360°-Fotografien festgehalten, maschinelles Lernen erkennt mittlerweile vollautomatisch u. a. Bäume, Straßenlaternen und verschiedene Oberflächenbeläge und durch die auf den Fahrzeugen montierten Laserscanner, welche die Umgebung zusätzlich als Punktwolken deuten, sind die Abstände genauestens messbar. Auftrag des Fraunhofer IGD ist die Entwicklung eines Tools, das diese Unmengen an Daten zusammenführt und für den Planer einfach und intuitiv nutzbar ist. Pro Tag kommen rund 500 Gigabyte Daten zusammen, die verarbeitet werden wollen. Dafür wird die Rechenkapazität der Open Telekom Cloud genutzt, um die Datenmengen zu verkleinern und die für die dreidimensionale Darstellung wichtigen Informationen herauszufiltern. Die Datenaufbereitung bildet die Grundlage, damit Fibre3D eine in Echtzeit aufbereitete Visualisierung im Web gewährleisten kann.
Virtuelle Ortsbegehungen sparen Zeit und Kosten
In Fibre3D wird ein transparentes 3D-Modell des Netzverteilers in die Panoramabilder eingeblendet, um darzustellen, wo der Verteiler aufgestellt werden soll. Das Modell kann beliebig verschoben werden, bis der Planer den optimalen Standort definiert hat und hieraus automatisiert die Genehmigungsunterlagen mit einem Vorher/Nachher-Vergleich der Straßensituation generiert. Nicht nur die Planer, auch die zuständigen Behörden können sich das Vorgehen durch diese Visualisierung besser vorstellen. Dies führt zu weniger Nachfragen, einer zügigen Genehmigung und letztendlich zu einem schnelleren Glasfaserausbau in Deutschland. Künftig sind weitere Anwendungsfälle im Rahmen der Glasfaserplanung mit Fibre3D vorstellbar, zum Beispiel virtuelle Trassenbegehungen.