Digital Ocean Lab

Digital Ocean Lab

Ein wichtiger Schritt für den Ocean Technology Campus Rostock: Das Digital Ocean Lab, ein Unterwassertestfeld für die Meerestechnik in der Ostsee, nahm 2021 seinen Betrieb auf.

Das Fraunhofer IGD und seine Partner nutzen das Digital Ocean Lab für Unterwassertestreihen verschiedener Art. Das In-situ- Labor befindet sich in der Zone des Fischereischutzgebiets rund um das künstliche Riff vor der Küste Nienhagens einschließlich der dazugehörigen Forschungsplattform. Es handelt sich um die erste Ausbaustufe des Unterwassertestfeldes, auf deren Basis künftig weitere Flächen ergänzt werden sollen. Ein digitales Abbild der Fläche ermöglicht vorgeschaltete Simulationen.

 

Technik und Beratung aus einer Hand

Das Digital Ocean Lab bietet erstmals eine reale Umgebung in der Ostsee, um neueste meerestechnische Lösungen zu erproben, welche die Nutzung der Meere in Zukunft so effizient und gleichzeitig ökologisch verträglich wie irgend möglich gestalten sollen. »Was wir mit dem Digital Ocean Lab an Möglichkeiten bieten, ist ziemlich einmalig. Wer seine Forschung validieren oder seine Technik erproben möchte, findet hier einen geeigneten Ort dafür, seien es Unterwasserfahrzeuge, Messsysteme oder Kameras. Hier lassen sich neue Materialien und Systeme zum Korrosions- oder Bewuchsschutz unter echten Bedingungen ausprobieren. Außerdem begleiten wir solche Tests wissenschaftlich und beraten hinsichtlich dessen, welche Belastungstests, Sensorik oder Datenauswertungen am geeignetsten sind. Auch die Umweltverträglichkeit spielt eine große Rolle. Wir entwickeln je nach Bedarf individuelle Testszenarien und bringen damit die technologische Meeresforschung ein gutes Stück voran«, so der Leiter des Digital Ocean Labs, Dr. Peter Menzel. Besonders stolz ist er auf das hochauflösende Fächer-Echolot (Multibeam), das bei der mobilen Seevermessung gute Dienste zu leisten vermag und beispielsweise zum Einsatz kommt, wenn Munitionsaltlasten zu kartieren sind.

 

Reale Testumgebung mit Historie

Das künstliche Riff vor Nienhagen besteht bereits seit 18 Jahren, um verschiedene Fragestellungen der Fischerei- und Meeresforschung in situ – also in einer realen Umgebung – untersuchen zu können. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg- Vorpommern (LFA) als Betreiberin und dem Fraunhofer IGD in Rostock machte den Weg frei für meerestechnologische Forschungen. »Die ohnehin vorhandenen Strukturen nun auch über die Fischerei- und Meeresbiologie hinaus für technische Erprobungen zu nutzen, lag auf der Hand. Synergien werden erschlossen und gemeinsam ganz neue Lösungsansätze für drängende Herausforderungen der Gesellschaft gefunden«, erläutert Gerd-Michael Arndt, Leiter des Instituts für Fischerei der LFA.

 

Viele Testszenarien möglich – in situ und virtuell

Die technische Ausstattung der Forschungsplattform legt den Grundstein für verlässliche Messreihen. Dank Solarenergie und Windenergie ist die Plattform autark mit Strom versorgt, und auch die Internetverbindung ist gesichert – entscheidende Details, wenn es darum geht, Technologieanbieter und Forschungseinrichtungen vom Unterwasserlabor als Ort für ihre Testreihen zu überzeugen. Ein eigener Techniker kümmert sich um die Plattform und deren Anschlüsse, vorausgerüstet für alle gängigen Sensoren und Surveytechnik. Durch das Partnernetzwerk im Ocean Technology Campus Rostock kann das Fraunhofer IGD auch auf Boote unterschiedlicher Größe zugreifen, um die Technik für Tests und Messreihen aus- und einzubringen, und kann diese ebenfalls an Partner und Kunden vermitteln. Damit will sich das Digital Ocean Lab tatsächlich von anderen Testmöglichkeiten abheben: Stück für Stück erstellt das Team auf Basis der hochauflösenden Echolotdaten des Multibeam ein virtuelles Abbild des Unterwassertestfelds. Ergänzt um sensorische Angaben, Strömungsdaten etc. entsteht so ein Digitaler Zwilling des Reallabors, das sich damit den Zusatz »digital« überhaupt erst verdient. Unternehmen und Forschungseinrichtungen können neue Technik oder Sensorik zunächst vielen virtuellen Testschleifen und Simulationen unterziehen, bevor es an die aufwendigen Vor-Ort-Versuche geht. Die Simulationslösung RISTRA des Fraunhofer IGD ermöglicht extrem schnelle Simulationen, indem sie Rechenprozesse auf die Grafikkarte verlagert (mehr zu RISTRA lesen Sie hier).

 

Erste Tests erfolgreich absolviert

Testreihen verschiedener Art werden im Digital Ocean Lab bereits durchgeführt. So unterzieht z. B. das Rostocker Start-up Framework Robotics GmbH seine 3D-gedruckten Rahmenbauteile für Unterwassersensorik wichtigen Tests in Realumgebung. Das Team des Digital Ocean Labs unterstützte das Projekt MiRo-Base bei Praxistests für ein neues modulares ROV-System. Auch die Fraunhofer-eigene Forschungsgruppe »Smart Ocean Technologies« nutzt das Testfeld. Ein Projekt will die Mikroplastikkonzentration in den Weltmeeren automatisch bestimmen und platziert Proben im Digital Ocean Lab, um später Hard- und Software zu entwickeln und zu testen, die Mikroplastik erkennen und analysieren können. In Zukunft arbeiten am Rostocker Fischereihafen bis zu 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interdisziplinär an zukunftsweisender Meerestechnik. Zum Aufbau der personellen Strukturen für die Forschungsarbeiten im Digital Ocean Lab hat der Bund bereits 2018 acht Millionen Euro an Projektmitteln bewilligt, das Land Mecklenburg-Vorpommern weitere fünf Millionen Euro. Während der voraussichtlich zwei Jahre dauernden Kooperationsphase bleibt die LFA Betreiberin des Bereichs rund um das künstliche Riff, das Land Mecklenburg-Vorpommern Eigentümer. Im Anschluss ist geplant, die Strukturen und Nutzungsrechte an das Fraunhofer IGD zu übergeben.